Niemand sollte sagen können, nichts gewusst zu haben. Die alten Mechanismen bis zur Machtergreifung der Nazis wurden schlicht an die aktuellen Gegebenheiten angepasst. Inzwischen leben wir erneut in Zeiten gebündelter Krisen - mit Gewalt einhergehend - während die Neofaschisten wieder an die politische Macht streben.
Die alte Schablone
Die deutsche Demokratie der Weimarer Republik ging nicht
einfach mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler durch Hindenburg unter, sie
ging nicht erst unter, als das "Ermächtigungsgesetz" am 23.03.1933
beschlossen wurde (die KPD war 02/33 bereits verboten).
Es war ein schleichender Prozess, ein Prozess der
Entdemokratisierung, und ja, die beide historischen Daten waren ausschlaggebend
bzw. hatten den Prozess initialisiert oder verschärft. Doch beide entstanden
nicht in einem luftleeren Raum, im Gegenteil, sie wurden begleitet von Gewalt
und politischer Agitation, und das alles vor dem Hintergrund der gebündelten
Krisen: wirtschaftliche (deutsche Hyperinflation 1923, hohe
Reparationszahlungen, "Black Friday" 1929) und soziale Krisen durch
diese Geschehnisse und allein durch die Industrialisierung.
Auch war die demokratische Kultur nicht stabil
ausgeprägt, weil sie erst seit 1919 praktiziert wurde, und im Zuge der
konterrevolutionären Agitation bekämpft wurde. Wirtschaft, Militär, Justiz und
Verwaltung war in Teilen monarchistisch und generell anti-demokratisch. Und die
Sturmtruppe der SA wurde von Adolf Hitler bereits 1921 gegründet, innerhalb
eines Jahrzehntes wurde politischer Terror gegen Menschen mit einer
gegenläufigen Meinung immer brutaler, Versammlungen wurden gestört, was alles
neben den Reden und den Plakat-Aktionen geschah. Das Vorbild hatte man damals
im faschistischen Italien, wo Mussolini den politischen Terror ab 1919 begonnen
hatte.
Was neu ist
Heute haben wir ebenfalls gebündelte Krisen: die
Wirtschaftskrise aufgrund der Nachwirkungen der Corona-Zeit, gestiegener
Energiepreise aufgrund des Krieges gegen Ukraine, die dadurch entstandenen
sozialen Krisen in Form von Arbeitslosigkeit, aber auch sie sozialen Krisen
durch die demografische Entwicklung (Überalterung) und die technologischen
Entwicklungen, die ebenfalls zur Arbeitslosigkeit führen – weil die KI Jobs vernichtet, weil die Automobil-Industrie Jobs abbaut (E-Motoren brauchen weniger
Teile, die seltener repariert werden müssen als die Verbrenner-Motoren). Und
dann noch die Klimakrise.
Die demokratische Kultur wird in Deutschland durch
die AfD angegriffen, mit Ableitungen aus den U.S.A.. Es wird wild propagiert, was
das Zeug hält („Floot the zone with shit“, Steve Bannon), indem die Zeitungen,
die nicht die rechte Propaganda publizierten als „Fake News“ (Donald Trump)
betitelt wurden. Die AfD praktiziert das seit Jahren, leider sehr erfolgreich.
Und direkt aus einem der höchsten Ämter dieser teils alten teils neuen Demokratie
kommt die Forderung nach ‚unparteiischer Kooperation‘ nach Klöckner (zur
Bundespräsidentenwahl im März), womit die AfD trotz ihrer extrem rechten und
rechtsextremen Inhalte und Personen normalisiert wird.
Den bisherigen Höhepunkt der rechten Hetzjagd erlebte zuletzt Brosius-Gersdorf, nach Potsdam. Jetzt, mit den letzten Wahlen zu den drei Bundesverfassungsrichter*innen, wurde zumindest in einem sehr begrenzten Bereich der AfD Paroli geboten.
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Quellen:
Zerstörung
der Demokratie 1930-1933 | Weimarer Republik | bpb.de
Kampf
gegen die Demokratie und Machtübernahme | einfach POLITIK | bpb.de