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Northvolt: Wer ist denn nun schuld?

Northvolt. Ein heißes Eisen dieser Tage. Die Wirtschaftsministerin Reiche (CDU) schiebt die Schuld ihrem Vorgänger Habeck zu. Es wurde gemunkelt, dass die deutschen Steuerzahler 600 – 900 Mrd. verlieren würden. Doch dann kam die Rettung aus den U.S.A mit Lyten. Dieses Unternehmen ist mit seinen 200 Angestellten deutlich kleiner als Northvolt. Dabei begann die Förderpolitik für die Batterieproduktion in Deutschland in Salzgitter. Mit Altmaier. Und VW.

Altmaiers Revanche?

Also dann fangen wir mit Altmaier an. Er wollte ein Konsortium finden, das die industrielle Produktion von Batteriezellen in Deutschland aufbaut. Er holte sich den Segen von der EU[1], machte dafür 1. Mrd. € locker, und fand es mit VW und Northvolt[2]. Angestoßen 2018[3], gelang dies ihm 2019. Das französische-deutsche Konsortium mit OPEL, dessen Mutterunternehmen PSA und dem französischen Batteriehersteller SAFT blende ich her aus, die Geschichte um Northvolt ist komplex genug. VW jedenfalls kaufte sich mit 900 Mio. in Northvolt zu 20% ein, und machte einen Liefer-Deal.

Northvolt holte von VW und Bund bis 2019 1,9 Mrd. als Investition bzw. Förderung ein.

Northvolts Ambitionen – zum Scheitern verurteilt

Doch dieser Traum scheiterte an der Realität. Zwar wurde Altmaier von Musks Vision geblendet, dass der Batterieboom komme, jedoch war es auch Habeck, der dem Versprechen eines EX-Tesla-Managers anheimfiel. Northvolt wollte einige Gigafabriken in kurzer Zeit bauen: zwei in Schweden (Skellefteå und Borlänge) und eine in Polen (Gdańsk). Geplant war auch eine in Deutschland, unter Altmaier – und damals von VW gemeinsam mit Northvolt geplant - sollte sie in Salzgitter gebaut werden, doch VW dauerte das zu lange und forderte Northvolt dazu auf, sich auf die Fabriken in Schweden (Skellefteå) zu konzentrieren, und investierte 2021 für diesen Standort noch mehr in Northvolt, bis 2021 insgesamt 2,75 Mrd.[4] Salzgitter wurde aufgegeben. Die anderen wurden – wie wir inzwischen Wissen – trotzdem gebaut. Der CEO selbst konstatierte etwas verspätet im Dezember 2023, das sie zu ‚aggressiv geplant haben‘ (zitiert NDR nach Dagens Industri[5]).

Ja, 4 Gigafabriken innerhalb von 4-5 Jahren ist sicher nicht überambitioniert. Hätte man ja gar nicht ahnen können. Von einem Start-Up.

Mit VW zusätzlich 1,85 Mrd. an Investitionen zur Verfügung gestellt bekommen. Insgesamt von VW und Bund:  3,75 Mrd.

Trump grätschte dazwischen, Warnungen wurden ignoriert, und wer braucht schon kritische Fragen

Vorab empfehle ich den chronologischen Überblick vom NDR[6], vom März 2025 bis August 2025.

Im März 2022 verkündete Northvolt dann das Intereses eine Gigafabrik in Heide (Schleswig-Holstein) zu bauen. Doch bereits im Oktober 2022 verschiebt Northvolt Investitionen in unbekannte Zeiten: Trumps Protektionismus funkte dazwischen. Mit dem Inflation Reduction Act wurden die Investitionen für grüne Industrieanlagen deutlich erhöht. Doch diesem Bundesgesetz entgegen, würde bisher keine Northvolt-Fabrik in den U.S.A. gebaut.

Und im April 2023 wurde von einem Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums Schleswig-Holstein erhebliche Zweifel an der Rückzahlung der Investitionen kommuniziert. Die Investitionsbank Schleswig-Holstein warnte davor, dass die Fördermittel nicht ausreichen könnten. Dies wurde vom grünen Bundeswirtschaftsminister ignoriert, oder er wurde darüber nicht informiert.

Dabei übersendete das Wirtschaftsministerium Schleswig-Holstein im Mai 2023 149 Fragen an das Bundeswirtschaftsministerium, die an PricewaterhouseCooper (PwC) zur Bewertung übergeben wurden. Im Juni 2023 stellte PwC das Gutachten fertig, dass von einem Verlustrisiko in Höhe von 1% ausging. Dass Northvolt bis dahin (seit 2019) lediglich „seriennahe Prototypen“ an die Kunden ausliefern konnten[7] beanstandeten die Gutachter. Dass PwC völlig falsch lag, könnte auch daran gelegen haben, dass sie Northvolt selbst beraten haben. Die beteuert ihre strikte Trennung der jeweiligen Teams[8].

Im Oktober berichtete die schwedische Wirtschaftszeitung Dagens Industri[9] von Produktionsverzögerungen bei Northvolt, doch Habeck sagte, er habe davon nichts erfahren[10]. Verzögerungen hin oder her dachte sich Northvolt wohl, da sie im Herbst 2023 Northvolt Six in Quebec anfingen zu bauen.

Laut NDR liege diesem Sender das Protokoll des Haushaltsausschusses vom 18.10.2023 (nicht öffentlich) vor. Dem Protokoll sei nicht auch nur eine kritische Frage zu entnehmen, weder von der CDU, der FDP, noch von der SPD oder den Grünen. Das ist schon verwunderlich, da dieser Ausschuss Milliarden verantwortet. Und im besonderen Maße bedenklich, da in Ausschüssen grundsätzlich Experten befragen werden können. Es scheint beinahe so, dass sie von PwC und Northvolt erfolgreich beruhigt wurden.

 

Northvolts voranschreitender Niedergang

Die zwei Tranchen von der KFW in Höhe von insgesamt 600 Mio. wurden an Northvolt ausgezahlt. Doch dieses Unternehmen kann immer noch nicht zuverlässig liefern: BMW storniert den Lieferauftrag in der Höhe von 2 Mrd.[11] im Dezember 2023. Also bremste Northvolt seine „aggressiven Pläne“, wie NDR berichtet.

Die Entlassungen im September 2024 konnten den Niedergang eines aufgeblasenen Start-Ups nicht verhindern. Innerhalb von fast einem halben Jahr, wurde das Sanierungsverfahren in den USA beendet. Es ist gescheitert.

Im Mai 2025 verliert Northvolt dann seinen letzten Kunden Scania. Und dann kam auch schon im Juni 2025 vom Bundesrechnungshof eine Schelte: Risiken wurden systematisch unterschätzt[12].


Screenshot von Northvolt.com/about (22.08.25, 16:08)  - Diese Partner sind längst abgesprungen oder haben sich abgespaltet (Volvo).

Und wer ist schuld?

Ob irgendwo in den Ministerien oder im Haushaltsausschuss, überall dort scheint die geopolitische Dimension der Batterieproduktion in China deutlich überwogen zu haben. Warum sonst einer Beratungsfirma, die bereits den insolventen Benko beriet, das Vertrauen entgegenbringen.  Es geht nur um eine paar Milliarden.

Sie alle lagen falsch. Die Börsenspekulationen auf Northvolt, dass der Kurs sicher steigen würde, doch VW und Goldman Sachs haben ihre Beteiligungen bereits abgeschrieben[1]. PwC irrte sich gewaltig. Peter Altmaier (CDU), Robert Habeck (B90/die Grünen) und Daniel Günther (CDU) überschätzten die Silicon-Valley-Manager, fielen auf ihre Versprechen rein, die letztlich nur sehr große Blasen waren, die an der Realität zerplatzten.

Da wurden offenbar keine Zweifel zugelassen. Als hätte die Vergangenheit keine mahnenden Beispiele, wie Benko und seine Sigma-Gruppe, oder direkt aus der Traumwelt Silicon Valley mit der Theranos Affäre[2] oder dem FTX-Krimi[3]. Doch über genau so was, sollte ein*e Minister*in, die über Milliarden verfügen genau Bescheid wissen.         




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